Die zur Verarbeitung von Federschmuck verwendeten Vogelfedern entstammen einmal der Jagd auf Vögel, zum anderen werden sie von gefangenen Tieren gewonnen. Die Jagd auf bestimmte Vögel erfordert heute sehr viel Geduld, da die Vögel aufgrund der veränderten Umweltbedingungen immer seltener werden. Die Entwicklung ist in den letzten Jahrzehnten durch die Benutzung von Gewehren beschleunigt worden. An die Stelle der lautlosen Jagd mit Bogen und Pfeil trat das Gewehr, das abgesehen vom lauten Knall den großen Nachteil aufweist, dass der Tod des Vogels in Kauf genommen wird und Teile des Gefieders durch den Einschuss und das austretende Blut unbrauchbar werden.
Die Bögen zur Vogeljagd fertigen die Indianer vor allem aus dem bräunlichen Pau d´Arco-Holz (Tecoma conspicua) an. Die Sehnen bestehen aus gedrehter Tukum-Palmfaser.
Die Vogelpfeile haben stumpfe Kegel oder andere breite Spitzen, so dass sie den getroffene Vogel nicht tödlich verletzen und das wertvolle Gefieder nicht mit Blut verunreinigen. Der getroffenen Vogel fällt vielmehr vorübergehend bewusstlos, im günstigsten Falle direkt vom Baum oder Strauch, auf den Erdboden. Auch mit Hilfe von Pfeilen, die mit nur schwachem Gift präpariert waren, wurde Vogeljagd betrieben. Dem Vogel werden einige wenige Feder entnommen, niemals jedoch Federn, die er zum anschließenden Weiterflug und damit zum Überleben benötigt. Sicher spielt auch eine Rolle, dass die Indianer vielfach Angst vor der mythischen Qualität des Bluts haben, vor dessen schädlichem Einfluss sie die geschätzten Federn schützen möchten. Auf jeden Fall wären bestimmte Vogelpopulationen seit vielen Generationen ausgestorben, hätten die Indianer diese schonende Praxis in den vergangenen Jahrhunderten nicht angewandt. Dieses vorausschauende, ökologisch weise Verhalten der Bewohner des außerandinen Amerika sollte immer wieder betont werden.
Die Befiederung am Ende des Vogelpfeils setzt sich meist aus zwei Federhälften zusammen. Die Feder wird im Schaft gespalten und in spiraliger Drehung am Pfeilende befestigt. Die Hauptjagdzeit für Vogelfedern liegt zwischen Januar und April.
Werden Vögel im Dorf, beziehungsweise in den Hütten gehalten, so handelt es sich um verschiedene Arten von Papageien, Sittichen, Japus, Trompetenvögeln, Haushühnern und gelegentlich Truthähnen, deren Federn immer nur partiell für den Federschmuck benutzt werden. Sie sind für die Besitzer jederzeit unabhängig von tagelangen Jagdexpeditionen verfügbar.
Autor: Günther Hartmann
Katalog: Federarbeiten der Indianer, 1994, S.66